Abzocke aus Prag: die Media Print Verlag Service s.r.o.
28.02.2019 mit diversen Updates, zuletzt vom 09.07.2020 – Schon wieder ist aus Tschechien eine Werbefirma aufgetaucht, die auf ganz spezielle Art und Weise an Anzeigenaufträge heran zu kommen versuchen. Und natürlich an das Geld der Betroffenen. Media Print Verlag Service s.r.o. nennt sie sich. Als offizielle Anschrift wird angegeben: Kubelikova 1224/42, Zizkov 13000 Prag 3.
Prüft man im tschechischen Handelsregister, wird als Geschäftsführerin Helena Baierová genannt. Kennern der Abzockerszene ist der Name bekannt.
Es beginnt mit einem Trickanruf
Gewerbetreibende, Freiberufler und Vereine in Deutschland, die in der Vergangenheit in einer Zeitung oder einer von Kirchen oder Gemeinden heraus gegebenen Broschüre regelmäßig inseriert hatten, erhalten einen Anruf, wird uns berichtet. Der Anrufer bezieht sich auf diese Anzeige und erklärt, es müsse ganz schnell ein Formular unterschrieben werden – sonst könne das Inserat nicht in der nächsten Ausgabe veröffentlicht werden. Kurz darauf kommt das angekündigte Formular. „Zum Gegenzeichnen“, heißt es. Tatsächlich findet sich darin auch die bisher verwendete Anzeige.
[Beispiel eines Anzeigenformulars der Media Print Verlag Service s.r.o. aus Prag]
Die so Angesprochenen gehen davon aus, dass alles seine Richtigkeit habe – und unterschreiben; schließlich hatte man gerade darüber gesprochen. Die Fax-Nummer, an die das Formular zurück gesandt werden soll, erweckt mit der Vorwahl 03222 erst einmal kein Aufsehen. Tatsächlich handelt es sich um eine Vorwahl ohne Ortsnetzbezug.
Später kommt eine Rechnung, deren Höhe die Empfänger erst einmal verwundert. Bis sie schließlich feststellen, Opfer einer Betrugsmasche geworden zu sein: 882,70 EUR einschließlich tschechischer MwSt. will man für eine Anzeige mit der Größe 40*90 mm haben. Zu zahlen auf ein Konto bei der tschechischen Unicredit Bank. “Binnen 10 Tagen, nach Rechnungserhalt, ohne Abzug“, heißt es.
Wenn nicht gezahlt wird, folgen diverse Mahnungen, allerletzte Mahnungen und Drohungen mit einem Inkassounternehmen. Per Briefpost soll man nicht mit der Media Print Verlag Service s.r.o. korrespondieren. “Erforderlicher Schriftwechsel bitte unbedingt im Vorfeld per Fax“, heißt es auf der Rechnung.
Die Akquisemethode ist nicht neu. „Kölner Masche“ wird sie genannt. Bereits vor fünfzehn Jahren wurde sie erstmals in großem Umfang aus Köln angewandt und erfreut sich bis heute bei unseriösen Werbefirmen größter Beliebtheit.
Was ist die Gegenleistung?
Die Media Print Verlag Service s.r.o. gibt an, ein „Objekt Informationsbroschüre/-folder“ zu erstellen. Was auch immer damit gemeint ist; ein Belegexemplar ist jedenfalls der Rechnung nicht beigefügt. Mitunter erbrachten strafrechtliche Ermittlungen bei anderen Firmen aus dieser speziellen „Business-Welt“, dass die Druckobjekte, für die das viele Geld verlangt wird, nicht einmal existieren. Ob das auch hier der Fall ist, wissen wir nicht.
Die sollen nach dem Kleingedruckten auf dem Formular der Media Print Verlag Service s.r.o. eine Auflage von „mindestens“ 500 Exemplaren haben.
„Die Verteilung erfolgt durch Postversand an Gewerbetreibende, Gewerbeämter, Stadtverwaltungen und sonstige öffentl. Einrichtungen und/oder durch direkte Auslieferung bei den aufgeführten Stellen“ ,
heißt es im Formular. Doch nach welchen Kriterien werden die Empfänger ausgesucht? Nur zum Verteilungsgebiet lässt sich etwas entnehmen. Zum Beispiel, das im Postleitzahlgebiet 51 verteilt wird. Das reicht von Köln bis Marienheide über rund 1.500 km² - die Orte liegen bis zu 70 km auseinander. Ein Werbeeffekt ist bei gerade einmal 500 verteilten „Objekten“ damit nicht gegeben.
Im Kleingedruckten des Formulars heißt es übrigens:
“Ohne öffentlichen Auftrag/behördenunabhängig“.
An anderer Stelle:
„Es handelt sich hier um einen neuen Auftrag, der mit anderen Aufträgen bei uns oder bei anderen Firmen nicht in Verbindung steht und deren Gültigkeit nicht berührt. Der Auftraggeber bestätigt ausdrücklich, dass weder Werbestadtpläne bzw. Werbekarten und Broschüren anderer Verlage Grundlage dieses Auftrages sind.“
Warum man das so betont? Doch wohl, weil genau dieses suggeriert werden sollte und wurde!
Weitere Rechnungen folgen
Wer glaubt, er würde seine Ruhe haben, wenn er zahlt, hat sich getäuscht. Nach dem Kleingedruckten im Formular wird man innerhalb von zwei Jahren insgesamt viermal zur Kasse gebeten. Macht dann zusammen 3.530,80 EUR. Manchmal auch noch mehr, denn im Kleingedruckten des Formulars findet sich vorformuliert eine bei derartigen Firmen verbreitete Verlängerungsfalle:
„Der vorliegende Anzeigenvertrag verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn der Auftrag nicht drei Monate vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt wird.“
Wegwerffirma
Die Firma Media Print Verlag Service s.r.o. wurde am 20.12.2018 gegründet und in das Handelsregister eingetragen. Das Stammkapital der Firma (Základní kapitál) beträgt 1.000 CZK, das sind umgerechnet etwa 40 EUR. Sie haben richtig gelesen: vierzig! Solchen Firmen sind sogenannte Wegwerffirmen. Man kann man sich ihrer im Fall der Fälle schnell entledigen, ohne dass der Verlust des Stammkapitals schmerzt.
Geschäftsführerin ist die 1953 geborene Helena Baierová. Kennern der Abzockerszene ist der Name bekannt. Sie trat in der Vergangenheit schon als Geschäftsführerin der Firmen Pro Reclama s.r.o., Print-media Konzept s.r.o. , Pro Stadtmarketing s.r.o., Trend Media s.r.o., Print Media s.r.o. und Top-Inkasso s.r.o auf. Dafür, dass sie eine Entscheiderin ist, würden wir nicht die Hand ins Feuer legen wollen. Nach Art der Szene könnte es sich auch um eine Strohfrau handeln, um die deutschen Hinterleute zu decken.
Die Forderungsabwehr ist möglich
So zustande gekommene Verträge sind angreifbar – nicht nur wegen der Art und Weise, wie sie zustande kommen, sondern auch schon wegen der mangelnden Bestimmtheit der von der Media Print Verlag Service s.r.o. geschuldeten Leistung. Um es im Juristenlatein zu sagen: es mangelt an den essentialia negotii.
Wenn man eine Rechnung für einen angeblich auf diese Weise an die Media Print Verlag Service s.r.o. erteilten Auftrag erhält, ist nach unserer Erfahrung eine frühest mögliche Reaktion der sicherste Weg, um sich wehren zu können. Gerne können Sie uns ansprechen. Am besten mailen Sie uns - unverbindlich - vorab den kompletten Schriftwechsel; wir melden uns dann.
Update vom 11.04.2019:
Ein schlechter Vergleichsvorschlag
Die Firma Media Print Verlag Service s.r.o. bietet Betroffenen, die sich gegen ihre Forderung wehren, einen Vergleich an. Man würde auf einen Teil der Folgerechnungen verzichten, wenn auf die Anfangsrechnungen gezahlt würde.
Wir raten von solchen Deals ab. Zum einen, weil man dazu beitragen würde, dass dieses Geschäftsmodell kein Ende findet. Vor allem aber, weil man für eine Leistung nicht mehr bezahlen sollte, als sie wert ist. Und das wäre: Nichts!
Update vom 26.08.2019:
Neues Konto
"Neue Bankverbindung" heißt es jetzt auf den Schreiben der Media Print Verlag Service s.r.o. Gezahlt werden soll ab sofort auf ein tschechisches Bankkonto der österreichischen Oberbank AG.
Update vom 09.07.2020:
Neues Konto zum Zweiten
Schon wieder ein neues Konto. Diesmal bei der Česká spořitelna in Prag.
[Die Abzockerfirmen und ihre Konten]
Auch über andere Firmen, bei denen der Name Helena Baierovká auftaucht, haben wir in unserem Blog schon berichtet:
[Zum Blog-Beitrag vom 01.03.2019 - Die Tricks der Print Media Marketing s.r.o. aus Bratislava]
[Zum Blog-Beitrag vom 27.07.2020 - Mit Identitätsdiebstahl und Kölner Masche: die pro Stadtmarketing s.r.o.und der Media-Print-Info-Verlag s.r.o]
Ohne sie geht gar nichts:
[Callcenter - Maschinenräume der Abzockerszene]
Neu ist er nicht:
[Seit über 100 Jahren: Inseratenschwindel, damals so wie heute]
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