Medienwelt e.K. verliert Prozess

01.03.2023 – „Zweifelhafte Inhalte: die Anzeigenverträge der Firma medienwelt e.K.“ lautete vor einiger Zeit die Überschrift unseres Blog-Beitrages über eine Werbefirma aus dem Raum Frankfurt am Main.

[Zum Blog-Beitrag vom 11.10.2018 mit diversen Updates - Zweifelhafte Inhalte: die Anzeigenverträge der Firma medienwelt e.K.]

Jetzt teilte das Landgericht München I (LG München I, Beschluss vom 13.02.2023 – 31 S 113/23) unsere Bedenken. Es stellte fest, dass mit den Vertragsformularen der Firma medienwelt e.K. kein wirksamer Anzeigenvertrag zustande kommt. Und bestätigte damit eine Entscheidung des Amtsgericht München (AG München, Urteil vom 22.12.2022 – 223 C 8716/22).


Ein „guter“ Werber

Ein Münchener Kaufmann bekam unaufgeforderten Besuch von einem Mitarbeiter der Firma medienwelt e.K. Der machte seine Sache gut – jedenfalls aus Sicht der Firma. Denn als er ging, hatte er einen unterschriebenen Anzeigenauftrag in seiner Tasche. Über die Erstellung von 1000 Print-Werbeanzeigen, die mit der Tagespost an Haushalte im 100 km-Umkreis verteilt werden sollten.

Als der Kaufmann die Rechnung bekam, merkte er, was ihm widerfahren war. Er zahlte nicht.


Solcherart Firmen ziehen vor Gericht

Wir können es in unserem Blog gar nicht oft genug betonen. Solcherart Firmen, über die wir berichten, ziehen schon mal vor Gericht. So auch die medienwelt e.K. Die erste Instanz vor dem Amtsgericht München lief nicht gut für sie. Aus dem Urteil:

“ Der Kläger hat keine Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung für die Erstellung der Printanzeigen.

Dem Angebot des Klägers in dem Anzeigenauftrag fehlt es an den essentialia negotii. Damit ein Angebot wirksam ist, muss es die wesentlichen Vertragspflichten genau bestimmen. Dazu gehört bei einem Anzeigenvertrag der zu zahlende Preis, als auch die zu erbringende Leistung. Vorlie gend fehlt es an beidem.

Gemäß Anlage K1 sollte ein Nettopreis von 399,00 EUR pro Auflage bezahlt werden. Dass es sich dabei nicht um den Gesamtpreis für den Auftrag handelt, ergibt sich erst aus der Lektüre des darunter in wesentlich kleinerer Schrift geschriebenen Textes. Demnach beinhaltet der Auftrag jährlich 3 Auflagen über eine Laufzeit von 2 Jahren. Der Gesamtpreis für den Auftrag belauft sich mithin auf 2.394,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Diesen Betrag beziffert der Auftrag jedoch an keiner Stelle eindeutig. Für den Beklagten ist damit nicht objektiv erkennbar, welchen Preis er zu entrichten hat.

Darüber hinaus ist auch die Leistungspflicht des Klägers nicht hinreichend bestimmt. Aus dem Kleingedruckten ergibt sich zwar, dass die Auflage dreimal jährlich im festgelegten Verteilungsgebiet der Postleitzahlen erfolgen soll. Es ist allerdings unklar, zu welchen Zeitpunkten die Erstellung und Verteilung der Auflagen erfolgen soll. Darüber hinaus beinhaltet das Verteilungsgebiet weit über 1000 Haushalte. In welchem Gebiet die 1000 Anzeigen pro Auflage letztlich genau verteilt werden sollten ist somit ebenfalls unklar. Bei einem Werbevertrag gehört jedoch eine hinreichend genaue Einigung über das Verteilungsgebiet und die Verteilungsstellen zur wesentlichen Bestimmbarkeit der geschuldeten Leistung, ansonsten kann der Besteller die Werbewirksamkeit nicht prüfen.“

Die Medienwelt e.K. gab nicht auf und legte Berufung beim Landgericht ein. Doch es lief dort nicht besser für sie. In einem Beschluss teilte das Gericht mit, es beabsichtige, die Berufung zurück zu weisen:

“Der von den Parteien geschlossene Anzeigenauftrag ist unwirksam, so dass der Kläger hieraus keine Ansprüche gegen den Beklagten hat.

Der Auftrag zur Erstellung und Verteilung von Anzeigen zu Werbezwecken ist nach herrschender Meinung ein Werkvertrag i.S.v. § 631 BGB […] Der Kläger schuldet nicht ein näher bestimmtes Tätigwerden, sondern einen bestimmten Erfolg in Form der Verteilung von 1.000 gedruckten Anzeigen für den Beklagten im Postleitzahlengebiet XXX. Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass die Parteien die Leistungszeit und die konkreten Tätigkeiten nicht beschrieben haben. Für den Beklagten ist das Ergebnis, nämlich Verteilung von 1.000 gedruckten Anzeigen für sein Geschäft im Gebiet von Interesse. Bei einem solchen Vertrag kommt es nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf die einzelne Tätigkeit des Unternehmers, sondern auf die planmäßig erzielte Werbewirkung an.

Soweit sich der Kläger in den kleingedruckten Auftragsbedingungen […] das Rechtvorbehält, „über Verteilung bzw. Auslieferungstermine zu entscheiden", verstößt der Vertrag jedenfalls gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam. § 307 Abs. 2 ist nach § 310 Abs. 1 BGB ist auf mit Unternehmern wie den Beklagten geschlossene Verträge anwendbar. Mit der Regelung behält sich der Kläger ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB vor, welches mit den Grundgedanken des Werkvertragsrechts nicht vereinbar ist i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Beklagte kann aufgrund des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts die planmäßig erzielte Werbewirkung nicht bestimmen und beurteilen. Dies gilt um so mehr, als das Verteilungsgebiet eine Größe von geschätzt 100 km hat, was die Beurteilung des Werkerfolgs ohnehin erschwert.“


Rechtskräftige Entscheidung

Die Firma Medienwelt e.K. nahm daraufhin die Berufung zurück. Das Urteil des Amtsgerichts ist damit rechtskräftig.




Siehe auch:
[Seit über 100 Jahren: Inseratenschwindel, damals so wie heute]




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