Kein Schnäppchen: Anzeigen auf "Umgebungskarten" der Regiokart Regionale Kartographien GmbH
24.01.2017 - Stadt- und Landkarte, die durch Werbeanzeigen finanziert werden sollen, sind bei gewissen Geschäftsleuten der besonderen Art seit einiger Zeit schwer en vogue. Regelmäßig berichten wir in unserem Blog über Werbefirmen, die von Gewerbetreibenden und Freiberuflern Unterschriften unter Auftragsformularen ergattern. Dann für teures Geld Anzeigen auf „Umgebungskarten“ oder ähnlichem drucken.
Offiziell aus 65189 Wiesbaden mischt die Firma Regiokart Regionale Kartographien GmbH mit ihrem Geschäftsführer, dem 1963 geborenen Fritz Jürgen Hehn, mit. Ihr Geschäftsmodell sind sogenannte „Umgebungskarten“. Oder das, was sie darunter versteht.
Viel Geld sollen Betroffene ihres Geschäftsmodells zahlen, wünscht sich die Regiokart Regionale Kartographien GmbH. Für eine sehr überschaubare Gegenleistung. Doch so, wie es die Regiokart versucht, kommen keine wirksamen Verträge zustande.
Und noch eines ist typisch für diese spezielle „Werbewelt“. Die Spur, auch dieser Firma, führt wieder einmal nach Bad Kreuznach. Dem deutschen Eldorado solcher und ähnlicher Firmen.
Ein geschäftstüchtiger Außendienstler erscheint
Gewerbetreibende und Freiberufler in ganz Deutschland werden von einem Vertreter der Regiokart des Fritz Jürgen Hehn aufgesucht. Er macht häufig seine Sache gut, jedenfalls aus Sicht der Regiokart: er verlässt den Ort mit einer Unterschrift unter einem Anzeigenvertrag.
Aber unabhängig davon, wie die Regiokart Regionale Kartographien GmbH es schaffte, die Unterschriften unter ihr Werbeformular zu ergattern; damit ist kein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Wie wir Juristen dazu sagen: es mangelt an den essentialia negotii.
Kein wirksamer Vertrag
Die Anzeigenaufträge an die Regiokart Regionale Kartographien GmbH sollen auf einer Umgebungskarte erscheinen. Von "insgesamt mindestens 150 Stellen" ist in den Auftragsbedingungen auf der rechten Seite die Rede, an denen sie verteilt werden sollen. Als Gemeinschaftswerbung. Die Karte soll durch den Regiokart verteilt werden. Aber wo? Das Kleingedruckte des Formulars hilft nicht weiter:
„Die Verteilung erfolgt gewöhnlich im Umkreis von bis zu 100 km zum Sitz der teilnehmenden Werbekunden.“
Was soll „gewöhnlich“ heißen. Und außerdem: ein Umkreis von 100 km entspricht einem Durchmesser des Verteilungsgebietes von 200 km. Was soll das dann für eine „Umgebung“ auf der Karte sein? Sie wäre größer als die meisten deutschen Bundesländer. Der geschuldete Werbeerfolg erscheint da zweifelhaft.
Und an wen soll sie verteilt werden? Wieder aus dem Formular:
„Vorgesehene Auslieferungsstellen sind die Inserenten, Einzelhandelsgeschäfte, Handwerk, Banken sowie öffentliche Einrichtungen und Behörden.“
Doch nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl?
Unklar geht es weiter. Es ist noch nicht einmal der Erscheinungszeitpunkt der Karte eindeutig geregelt:
„Veröffentlichungszeitpunkt ist ca. alle 6 Monate, gerechnet ab dem Eingang des letzten zur Serie gehörenden Auftrages beim Verlag.“
Übersetzt heißt das nichts anderes als: wir warten in aller Ruhe ab, bis wir irgendwann soviele Unterschriften haben, dass es sich richtig lohnt. Und dann lassen wir uns immer noch ein halbes Jahr Zeit. Vielleicht („circa“) auch ein bisschen länger.
Etwas taugen muss die „Umgebungskarte“ auch nicht. Vor allem muss sie nicht richtig sein:
„Durch ständige bauliche Veränderungen der Städte und Gemeinden, sowie der umliegenden Infrastruktur und Umbenennung von Straßen kann der Verlag keine Gewähr für die aktuelle Richtigkeit und Vollständigkeit der Karten übernehmen.“
[Beispiel eines Anzeigenformulars der Firma Regiokart Regionale Kartographien GmbH]
Ein eins-zu-eins-bekanntes Auftragsformular
Kennern dieser speziellen Werbeszene wird das Auftragsformular der Regiokart bekannt vorkommen. Es entspricht nahezu eins-zu-eins, dem Formular einer Werbefirma aus 21339 Lüneburg. Über die Firma Der örtliche Stadtverlag DÖS UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG hatten wir bereits in unserem Blog berichtet.
[Zum Blog-Beitrag vom 20.05.2016 mit Update vom 27.09.2016 – Mit problematischem Auftragsformular: Der örtliche Stadtverlag DÖS UG & Co. KG]
Vergleichen Sie einmal selber die Formulare:
Viel Geld wird gefordert
Unmittelbar nachdem die Unterschrift geleistet wurde, kommt schon die Rechnung. Das Geld soll auf ein Konto bei der Sparkasse Rhein-Nahe gehen.
Viel Geld wird verlangt. Doch dabei bleibt es nicht. Ausgehend von dem Kleingedruckten auf dem Auftragsformular erscheint die sogenannte Umgehungskarte zweimal im Jahr („circa alle 6 Monate“). Bei einer dreijährigen Laufzeit und zwei Auflagen pro Jahr werden das sechs Rechnungen. Manchmal aber noch mehr. In den Auftragsbedingungen findet sich vorgedruckt folgende Klausel:
„Wird er mit Frist von 3 Monaten zum Ablauf nicht gekündigt, verlängert er sich um ein weiteres Jahr.“
Wer nicht zahlt, erhält nach etlichen Zahlungsaufforderungen, Mahnungen und allerletzten Mahnungen auch schon mal Post vom Inkassounternehmen Ass. jur. Eliane Becker-Lerner AktivaInkasso GbR aus 55543 Bad Kreuznach. Der Name wird regelmäßigen Lesern unseres Blog bekannt sein. Die Aktivainkasso ist ein in dieser „Szene“ beliebtes Unternehmen.
Von Bad Kreuznach nach Berlin, nach Wiesbaden, nach Bad Kreuznach
Nach Bad Kreuznach führt auch die Spur des Geschäftsführers Fritz Jürgen Hehn der Regiokart. Gegenüber dem Handelsregister des Amtsgericht Wiesbaden (HRB 28878) gab er an, in 55444 Dörrebach, Landkreis Bad Kreuznach, zu wohnen.
In Wiesbaden ist die Regiokart erst seit dem 03.02.2016 registriert. Zuvor hatte sie sich am 21.05.2012 in Berlin, im Handelsregister des Amtsgericht Charlottenburg (HRB 141985 B) eintragen lassen. Doch auch das war nicht der Anfang. Ihre erste Eintragung war noch früher, im Handelsregister des Amtsgericht Bad Kreuznach (HRB 20747), erfolgt.
Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 25.050,00 EUR ausgestatteten Regiokart Regionale Kartographien GmbH sind je zur Hälfte Fritz Jürgen Hehn und der 1967 geborene Markus Schmitt, der im März 2015 dem Handelsregister als seinen Wohnsitz den Schweizer Ort CH-5243 Müllegen angab.
Solche Forderungen lassen sich abwehren
Viel zu viele der Betroffenen zahlen. Einige, weil sie nichts merken. Andere, um ihre Ruhe zu haben. Und tragen so dazu bei, dass solche Werbegeschäfte kein Ende finden. Doch so zustande gekommene Verträge sind angreifbar.
Wenn man eine Rechnung für einen angeblich auf diese Weise mit der Regiokart Regionale Kartographien GmbH zustande gekommenen Auftrag erhält, ist nach unserer Erfahrung eine frühestmögliche Reaktion der sicherste Weg, um sich dagegen wehren zu können. Gerne können Sie uns ansprechen. Mailen sie uns – unverbindlich – die Unterlagen; wir melden uns dann.
Die Regiokart tritt jetzt als Regiokart Regionale Kartographien e.K., Inhaber Fritz Jürgen Hehn auf.
Mit der "Kölner Masche", der Spezialität einer Vielzahl von Bad Kreuznacher Werbefirmen, befasst sich ein Beitrag:
[Anzeigenbetrug mit der Kölner Masche]
Neu ist er nicht:
[Seit über 100 Jahren: Inseratenschwindel, damals so wie heute]
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