Teure Einträge: die Marber GmbH und Gewerbedatenbank.org

15.01.2018 mit Update vom 04.11.2018 – Verlag für gewerbliche Auskunftmedien/Marber GmbH nennt sich eine in 45618 Recklinghausen sitzende Firma. Mit ihrem Geschäftsführer, dem laut Handelsregister 1980 geborenen Marc Bernemann, versucht sie an Unterschriften von Gewerbetreibenden unter einem „Aufnahmeformular für gewerbliche Teilnehmer“ zu gelangen. Die sollen dann viel Geld zahlen für eine Listung in dem Firmenverzeichnis Gewerbedatenbank.org.

Doch bereits 2012 hätte sich der Bundesgerichtshof zu einem Formular der Marber GmbH geäußert. Die Entscheidung dürfte damals in der Branchenbuch-Szene wenig Begeisterung, dafür aber umso größere Wutanfälle hervorgerufen haben.

Danach hörte man eher wenig von der Marber GmbH. Jetzt wieder mehr.


Vordruck: viel Text und eine Falle

Ein Vordruck kommt bei Gewerbetreibenden in Deutschland mit der Post an. Vorzugsweise denen, deren Firma neu gegründet wurde. „Aufnahmeformular für gewerbliche Teilnehmer“ heißt es fettgedruckt. Doch wer ihn unterschreibt und an die angegebene Rückfax-Nummer sendet, tappt in eine Falle. „Die Aufnahme in das Firmenverzeichnis kostet derzeit 850€ netto pro Jahr zzgl. USt. bei einer Laufzeit von zwei Jahren, der Betrag wird zu Beginn des Vertragsjahres fällig,“ heißt es inmitten des Fließtextes. Das macht zusammen 2.023 EUR brutto. Für eine Eintragung „in unser gewerblich geführtes Firmenverzeichnis Gewerbedatenbank.org im Internet.“

[Beispiel eines Formular der Marber GmbH aus Recklinghausen]

Später kommt die Rechnung. Überwiesen werden soll auf ein Konto bei der GLS Gemeinschaftsbank.


Ein Gewerbeverzeichnis, wie man es kennt

Das Internetverzeichnis gewerbedatenbank.org entspricht dem, was man von Firmen dieser Geschäfts-Szene kennt. Als wir versuchten, über die Seite etwas zu finden, wurde uns wiederholt angezeigt:

„Es liegen leider keine Daten vor, die Ihren Suchkriterien entsprechen!“

Etwa eine Million Gewerbetreibende, Freiberufler und Verbände gibt es in Deutschland. Auf der Seite gewerbedatenbank.org spiegelt sich das nicht wieder. Wir können auch nicht erkennen, dass die Seite beworben wird, geschweige denn nachhaltig. Die Folge: sie ist unbekannt. Die geforderten 1.011,50 EUR pro Jahr ist das kaum wert.


Geschäftszweck: Verkauf von Waren „aller Art“ und mehr

Die mit einem Stammkapital von 25.000 EUR ausgestattete Marber GmbH wurde am 27.01.2006 gegründet. Damals nannte sie sich noch MSI Office GmbH. Seit dem 09.07.2008 ist sie im Handelsregister des Amtsgericht Recklinghausen (HRB 5898) unter dem Namen Marber GmbH eingetragen. Als ihren Gesellschaftszweck gibt sie im Handelsregister so gut wie alles an:

„Hausmeistertätigkeiten, Umzüge, Garten- und Landschaftsbau, Markt- und Meinungsforschung, Gestalten von Internetauftritten, Hausverwaltungen, Marketing und Support, Verkauf von Bürobedarf und ähnlichen Artikeln, Verkauf von gebrauchten Haushaltsgegenständen, alle nicht genehmigungspflichtigen Dienstleistungen, Verwaltung des eigenen Vermögens, Unternehmens- und Bewerberberatung, Eventmanagement und Durchführung von Veranstaltungen, Beteiligung an anderen Unternehmen, Verkauf von Mehrwertdiensten, Verkauf von Waren "aller Art", Vermietung von eigenem Betriebsvermögen.“


Das Eigentor der Marber GmbH

Ob es beim Fußball jemals gelang, beim Elfmeterschießen das eigene Tor statt das des Gegners zu treffen, wissen wir nicht. Etwas Ähnliches war aber der Marber GmbH gelungen. 2011 hatte sie einen Gewerbetreibenden verklagt, der ein ähnliches Formular über einen Eintrag in ihrem Gewerbeverzeichnis unterschrieben hatte. In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht Recklinghausen verlor die Marber GmbH und auch die Berufung vor dem Landgericht Bochum ging für sie nicht besser aus. Da hätte man den Streit still und leise beenden können. Doch die Marber GmbH legte stattdessen eins drauf und ging zum Bundesgerichtshof. Die Karlsruher Richter fällten im Sommer 2012 ein Urteil (BGH, Urteil vom 26.07.2012 - VII ZR 262/11), nach dessen Kenntnis man in der gesamten Branchenbuch-Szene wohl reihenweise vor Wut in den Teppich gebissen haben dürfte; ging doch die Reichweite der Entscheidung weit über die Marber GmbH hinaus. Der Leitsatz des Urteils lautete:

„Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.“

Wir fassten seinerzeit in unserem Blog den Inhalt des Urteils unter der Überschrift „Bundesgerichtshof verdirbt Branchenbuch-Gaunern die Urlaubslaune“ zusammen.

[Zum Blog-Beitrag vom 26.07.2012]
[Zum Blog-Beitrag vom 25.08.2012]


Eine Forderungsabwehr ist möglich

Wer die Rechnung der Marber GmbH zahlt, um seine Ruhe zu haben, sieht sich getäuscht. Im Folgejahr wird er noch einmal zur Kasse gebeten. Und es kann noch teurer werden. In deren AGB findet sich – üblich bei derartigen Firmen – eine Verlängerungsklausel:

„Die Laufzeit des Vertrages beträgt zwei Jahre und verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn nicht drei Monate vor Ablauf der Vertragszeit von Seiten des Leistungsbeziehers schriftlich gekündigt wird.“

Solcherart ergatterte Aufträge der Marber GmbH alias Verlag für gewerbliche Auskunftsmedien sind angreifbar. Gerne können Sie uns dazu ansprechen. Am besten schicken Sie uns – unverbindlich – Ihre Unterlagen. Wir melden uns dann.



Update vom 04.11.2018:
Mit Mahnbescheid

Gegen Betroffene, die sich nicht rechtzeitig oder nicht richtig wehrten, geht die Marber GmbH im gerichtlichen Mahnverfahren vor.

Dann droht Gefahr, man wird tätig werden müssen. Erhält man einen gerichtlichen Mahnbescheid, laufen Fristen. Es muss Widerspruch eingelegt werden. Wird das versäumt, kann die Marber GmbH aus einem dann ergangenen Vollstreckungsbescheid eine Zwangsvollstreckung betreiben.



Update vom 21.01.2019:
Geändertes Formular

Auch 2019 hören wir noch vom Verlag für gewerbliche Auskunftsmedien/Marber GmbH. Mittlerweile hat man das Eintragungsformular leicht geändert. Es soll den Eindruck erwecken, dass die Bestimmungen des Datenschutzrechts beachtet werden. Zu den im Formular bereits voreingetragenen Daten der Empfänger heißt es allen Ernstes: "Ihre o.g. Adressdaten wurden hier nicht gespeichert […]" Na ja.

[Auszug aus Formular der Marber GmbH Januar 2019]





Mehr Informationen zum Adressbuchschwindel mit Trickformularen:
[Adressbuchschwindel mit Trickformularen]





Radziwill ● Blidon ● Kleinspehn
Rechtsanwälte | Fachanwälte
Kontakt über Telefon
030 - 861 21 24

Kontakt über Fax
030 - 861 26 89

Kontakt über E-Mail
mail [at] radziwill.info